K.U.S.S.-Forum

K.U.S.S. auf Facebook

K.U.S.S. auf Twitter




Messerscharf geht allen unter die Haut

Odenwälder Zeitung vom 14.09.2009

RIMBACH. Mister Memory ist ein Phänomen. Er weiß einfach alles. Keine Frage bleibt unbeantwortet, weshalb es nicht weiter verwunderlich ist, dass seine Auftritte im Londoner Palladium eine regelrechte Sensation sind. Bietet es sich möglicherweise an, seine außergewöhnliche Denkfähigkeit zu missbrauchen? Die Antwort darauf liefern "Die 39 Stufen", die K.U.S.S., die Theater- und Kaberettgruppe der Rimbacher Martin-Luther-Schule, in ihrer aktuellen Produktion erklomm.

Wer K.U.S.S. kennt, der weiß, dass die Truppe um Joachim Berndt stets weit davon entfernt ist, einen vorgegebenen Text einfach abzuspulen. Vielmehr besitzt die künstlerische Freiheit in der eigenen Inszenierung einen hohen Stellenwert. Und dies war zuvor wohl kaum so ausgeprägt, wie es bei den "39 Stufen" der Fall war. Mit Filmsequenzen, die teilweise noch aufwändig bearbeitet wurden, selbst gedrehte Videoszenen, eigene kreative, oft direkt auf das schulische Umfeld zugeschnittene, äußerst lustige Beigaben oder lokale Besonderheiten bei den Ortsnamen - zu nennen sind dabei nur "Murl-en-back", "Greater-briden-the-beach" oder "Rimms-on-the-beach" - drückte K.U.S.S. der von Patrick Barlow gefertigten Bühnenfassung des Films von Alfred Hitchcock einen äußerst individuellen Stempel auf.

Schauspieler überzeugen
Gerade der technische Aufwand, der betrieben wurde, ist enorm. In die Vorbereitung der Filmsequenzen wurde immens viel Zeit investiert, die sich im Endeffekt aber voll und ganz gelohnt hat. Doch auch die schauspielerischen Leistungen der Schüler (und einigen Ex-Schülern) konnte sich sehen lassen. Überzeugend und gekonnt wurde die wundersame Geschichte des Richard Hannay aufgezeigt, der nach einem jahrelangen Aufenthalt in Kanada in seine britische Heimat zurückkehrt, sich zunächst langweilt und deshalb etwas Unterhaltung im Palladium sucht.

Dort trifft er auf Annabella Schmidt, eine Geheimagentin, wie sich herausstellt, die eine wichtige Information von höchster sicherheitstechnischer Bedeutung hat. Doch sie wird von Agenten eines anderen Staates in Hannays Wohnung ermordet. Hannay, fortan unter Mordverdacht, macht sich los, um das Geheimnis zu lösen und muss dabei immer wieder vor der Polizei flüchten. Gerade auf dieser Flucht ereignet sich so einiges, was weder Hitchcock bei der filmischen Umsetzung noch John Buchan beim Verfassen der Romanvorlage berücksichtigt hatten.

Auf dem Weg nach Alt-Na-Shellach, dem schottischen Städtchen, in dem mit Professor Jordan eine Person wohnen soll, die den Schlüssel für die Lösung des Geheimnisses darstellen soll, bekommt Hannay Hilfe von Leonardo di Caprio und Kate Winslet, die im Odenwälder Dialekt versuchen, den Weg zu erklären.

Dies versuchte neben anderen auch die Chefin der Kochkäsfabrik mit musikalischem Schwerpunkt, die vom Aussehen irgendwie an MLS-Schulleiterin Beate Wilhelm erinnerte. Hannay fand den Weg zu Jordan, der sich aber nicht als Freund des Königreichs, sondern als Spion Nazi-Deutschlands herausstellte, wie unschwer an Termini wie "Herrenrasse" und "Führer" oder einer auffallenden R-Betonung zu erkennen war.

Dass satirisch gleich noch ein bildungspolitischer Seitenhieb eingebaut wurde, verleiht dem ganzen noch eine besondere Note: Vergleichsarbeiten, große Gleichmacherei oder auch die Verkürzung der Gymnasialzeit bekamen ihr Fett weg: "Weniger ist besser! Der Führer braucht keine intellektuellen Schwafler, er braucht Deutsche!"

Am Ende gelingt es Hannay, seine Unschuld zu beweisen und gleichzeitig noch dafür zu sorgen, dass das Geheimnis, das die Sicherheit des Landes hätte gefährden können, auf der Insel bleibt.

Gelungen waren zudem die Running Gags. So waren die ständig auftretenden Probleme mit scheinbar demotivierten Nebendarstellern durchaus gewollt und verliehen dem Spiel noch eine zusätzliche humoreske Note.

K.U.S.S. ist mit "Die 39 Stufen" einmal mehr dem Ruf gerecht geworden, deutlich mehr zu sein als eine von vielen Schultheatergruppen. Überzeugende schauspielerische Leistungen, eindrucksvoller Einsatz von Filmen, Dialoge oftmals mit einem Augenzwinkern und beißende Satire, es ist gelungen, alles miteinander zu verknüpfen.

gie