
Termine: 02./03./05./06. September 2011, jeweils um 19.00 Uhr
Bestialische Morde! Ganze Familie ausgelöscht! Was wussten die Dorfbewohner?
Ein bestialischer Mord: In der Nacht vom 18. zum 19. März werden sechs Menschen auf dem einsam gelegenen Tannödhof in Oberbayern nacheinander brutal mit einer Hacke die Schädel eingeschlagen. Zwei kleine Kinder sind darunter. Der oder die Täter halten sich danach noch mehrere Tage auf dem Anwesen auf, versorgen das Vieh, füttern den Hund, essen und trinken. Erst in der Woche darauf wird die Tat entdeckt.
Bald beginnt das Gerede im "Morddorf", wie es die Presse nennt, über den "Mordhof" und seine Bewohner. Hier setzt der Roman "Tannöd" von Andrea Maria Schenkel, ebenso die Bühnenfassung von Maja Franke und Doris Happl, ein. Grundlage ist ein wirkliches Verbrechen: In der Nacht vom 31. März zum 1. April 1922 wurden die Mitglieder der Familie Gruber auf dem Einödhof "Hinterkaifeck" bei Schrobenhausen in Oberbayern auf die beschriebene grausame Weise geradezu hingeschlachtet. Die Tat gilt bis heute als eines der mysteriösesten Verbrechen in der deutschen Kriminalgeschichte, wurde niemals aufgeklärt und beschäftigt nach wie vor eine Vielzahl ernsthafter Kriminologen und Amateurdetektive.
Schenkel hat das Geschehen in ihrem Werk, das auf sorgsamen Recherchen basiert, in die Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts, in die Nachkriegszeit, verlegt und benennt darin den Täter, der als der wahrscheinlichste gilt; aber die grausige Tat steht nicht allein im Mittelpunkt: In den Zeugenaussagen und Berichten von Nachbarn, Pfarrer, Lehrer und anderen, welche die Familie kannten, entsteht das Bild einer klatschsüchtigen, verlogenen, scheinheiligen und bigotten dörflichen Welt, die von Neid, Missgunst, Klatsch hinter vorgehaltener Hand geprägt ist, eingekleidet in scheinheiligen Glauben und Religion. Denn die Familie Danner, wie sie im Stück heißt, war schon lange Gegenstand von Tratsch und Gerede. Sie lebte zurückgezogen in materiellem Wohlstand, galt als geizig, überheblich, nahm kaum am "normalen" dörflichen Leben teil, wobei der heimliche Spott besonders dem alten Danner galt, der seine Enkel in Inzucht mit der eigenen Tochter gezeugt, Mägde vergewaltigt habe, geduldet von seiner Frau, die Hilfe in der Bibel gesucht habe.
Facettenartig wird für Zuschauerinnen und Zuschauer in den Aussagen der Dorfbewohner nach und nach die Rekonstruktion des Verbrechens möglich, gleichzeitig erhält man tiefen Einblick in die abgeschottete ländliche Welt eines deutschen Dorfs nach dem Zweiten Weltkrieg.
Für K.U.S.S. stellt die Inszenierung dieses Stücks eine hohe Herausforderung dar. Die Schauspielerinnen und Schauspieler müssen – vor den Augen der Zuschauer – in viele unterschiedliche Rollen schlüpfen, sich permanent verwandeln und glaubwürdig, authentisch, die unterschiedlichsten Charaktere verkörpern. Film- und Toncollagen stellen höchste Anforderungen an die Technik. Permanente Licht- und Tonwechsel erfordern höchste Konzentration aller Beteiligten.
Aber K.U.S.S. sah schon immer einen besonderen Reiz darin, sich an den besonderen Schwierigkeiten einer Inszenierung zu versuchen, bisher mit großem Erfolg. Und so glauben wir auch dieses Mal, unseren Zuschauerinnen und Zuschauern einen sehr (an)spannenden Abend versprechen zu können, der den Besucher von Anfang an in Atem halten wird.
Wir laden euch und Sie alle herzlich zu einem der Aufführungsabende ein und freuen uns auf unser Publikum.
Für K.U.S.S.: Joachim Berndt
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